DT Swiss
DT Swiss: Die geschichte des schweizer riesen der carbonräder
Wenn Sie ein Radfahrer sind, der von Komponenten fasziniert ist, die makellose Schweizer Präzision mit Spitzenleistung verbinden, oder wenn Sie erfahren möchten, wie eine Marke ein vier Jahrhunderte altes industrielles Erbe in einen weltweiten Maßstab für Carbonräder verwandeln kann, dann ist dieser Artikel über DT Swiss genau das Richtige für Sie. Offiziell 1994 in Biel, Schweiz, gegründet, aber mit Wurzeln, die bis ins Jahr 1634 zurückreichen, verkörpert DT Swiss eine einzigartige Geschichte, in der Tradition und Innovation aufeinandertreffen. Wir werden ihren Weg nachzeichnen, von den Anfängen in einer kleinen Drahtzieherei bis hin zu ihrer heutigen Position als führendes Unternehmen im modernen Radsport.
Die geschichte von DT Swiss: Vom rohen stahl zu den höhen des radsports
1634-1900: Die ursprünge eines uralten handwerks
Die Geschichte von DT Swiss beginnt im Jahr 1634, lange bevor es Fahrräder gab, in der Taubenlochschlucht, einem malerischen Ort nahe Biel im Kanton Bern, Schweiz. Ein Physiker namens Scharandi richtete dort eine kleine Drahtzieherei ein, ein handwerklicher Betrieb, in dem Stahldrähte aus rohen Barren gezogen wurden. In einer Zeit, in der die Industrialisierung noch in den Kinderschuhen steckte, basierte diese Arbeit auf Techniken, die über Generationen hinweg weitergegeben wurden. Über zwei Jahrhunderte blieb diese Drahtzieherei ein lokales Unternehmen, das Drähte für verschiedene Zwecke lieferte: Seile, landwirtschaftliche Werkzeuge und sogar Teile für die aufkommende Uhrenindustrie der Region.
Im 18. Jahrhundert wurde Biel zu einem bescheidenen, aber strategisch wichtigen Industriezentrum, dank seiner Lage zwischen der französisch- und deutschsprachigen Schweiz. Die Drahtzieherei wuchs langsam und integrierte Neuerungen wie wasserbetriebene Walzwerke, die den Drahtziehprozess teilweise mechanisierten. Um 1850 schloss sie sich einem größeren Netzwerk von Manufakturen unter dem Dach der Vereinigten Drahtwerke an, einem Zusammenschluss mehrerer Schweizer Metallverarbeitungsspezialisten. Ende des 19. Jahrhunderts, als das Fahrrad in Europa als kulturelles und sportliches Phänomen aufkam, fanden die in Biel hergestellten Stahldrähte neue Anwendungen: Bremsseile, Verstärkungen für primitive Reifen. Diese ersten, wenn auch indirekten Schritte in den Radsport legten den Grundstein für eine zukünftige Revolution.
1900-1993: Ein Übergang zum radsport
Das 20. Jahrhundert markierte eine langsame Verwandlung für die Vereinigten Drahtwerke. Im Jahr 1934, als das Unternehmen sein dreihundertjähriges Bestehen feierte, begann es, fahrradspezifische Komponenten herzustellen: gehärtete Stahlspeichen, rudimentäre Felgen und sogar metallene Schutzbleche. Zu dieser Zeit erlebte der Radsport in Europa, insbesondere in der Schweiz, einen rasanten Aufschwung, wo die Alpenstraßen Rennfahrer und Enthusiasten anzogen. Die Speichen aus Biel, bekannt für ihre Stärke und Gleichmäßigkeit, wurden zur bevorzugten Wahl lokaler Hersteller wie Condor und Allegro – heute historische Schweizer Marken.
Während des Zweiten Weltkriegs verlangsamte sich die Produktion, doch die Neutralität der Schweiz gewährleistete eine stabile industrielle Aktivität. Die Nachkriegsjahre, die „Trente Glorieuses“, brachten eine wachsende Nachfrage nach Fahrrädern, sowohl für den Transport als auch für den Wettkampf. Die Vereinigten Drahtwerke investierten in moderne Maschinen wie hochpräzise Pressen, um dieser Welle gerecht zu werden. In den 1960er Jahren rüsteten ihre Speichen Schweizer Profiteams aus, die an großen Klassikern teilnahmen, und festigten ihren Ruf in Radsportkreisen. Dennoch blieb das Unternehmen in erster Linie ein diversifiziertes Industrieunternehmen, das auch Kabel für Autos und Drähte für die Elektronik produzierte.
Die 1980er Jahre brachten Gegenwind: Globalisierung und asiatische Konkurrenz schmälerten die Margen europäischer Manufakturen. Die Vereinigten Drahtwerke durchlebten eine Krise, geprägt von Entlassungen und Umstrukturierungen. 1993 entschloss sich die Geschäftsführung angesichts dieser Herausforderungen, ihre Aktivitäten aufzuteilen. Die damals noch kleine, aber vielversprechende Radsportsparte erregte die Aufmerksamkeit dreier ehrgeiziger Führungskräfte: Marco Zingg, Maurizio D’Alberto und Franck Böckmann. Dieses Trio erkannte in diesen industriellen Wurzeln die Chance, eine marke für den Radsport zu schaffen – ein Projekt, aus dem DT Swiss hervorgehen sollte.
1994-1999: Gründung und erste erfolge
DT Swiss AG wurde 1994 offiziell gegründet, das Ergebnis eines kühnen Management-Buyouts unter der Leitung von Zingg, D’Alberto und Böckmann. Sie übernahmen die Speichensparte der Vereinigten Drahtwerke mit dem Ziel, dieses Erbe in ein modernes, spezialisiertes Unternehmen zu verwandeln. Der Name „DT Swiss“ ist eine doppelte Anspielung: „DT“ steht für „Drahtwerke Tréfileries“ (Drahtzieherei auf Deutsch und Französisch), während „Swiss“ die Marke in der Schweizer Tradition von Präzision und Qualität verankert. In einer renovierten Fabrik in Biel starteten sie mit einem kleinen, aber entschlossenen Team.
1995 landete DT Swiss einen Volltreffer mit der Einführung der Ratchet-Naben. Dieses patentierte, revolutionäre Ratchet-System nutzte zwei gleichzeitig eingreifende Zahnkränze, die eine schnelle Ansprache (damals 18 Punkte) und außergewöhnliche Haltbarkeit boten. Die Nabe wurde zur Visitenkarte und zog die Aufmerksamkeit von Fahrradherstellern und Profifahrern auf sich. 1996 eröffnete DT Swiss eine Niederlassung in Grand Junction, Colorado, um in den boomenden US-amerikanischen Mountainbike-Markt einzusteigen. 1999 rundete die Marke ihr Angebot mit Aluminium- und Messingnippeln ab und festigte ihre Beherrschung der Radkomponenten. Dieses Sortiment sollte Marken wie Cadex, Roval, Lightweight, Bontrager, Enve, Syncros und viele mehr begeistern und ausrüsten.
2000-2010: Eine dekade des wachstums und der diversifikation
Der Beginn des 21. Jahrhunderts katapultierte DT Swiss auf die internationale Bühne. 2001 markierte die Übernahme von Pace, einer britischen Federgabelmarke, einen Wendepunkt. Diese nach monatelangen Verhandlungen abgeschlossene Akquisition brachte DT Swiss in den Markt für Mountainbike-Gabeln und Stoßdämpfer. Das Team integrierte das Know-how von Pace in Biel und entwickelte leichte, anpassbare Federungen, die europäische und amerikanische Mountainbiker überzeugten. Diese strategische Entscheidung erweiterte ihr Portfolio und positionierte sie als vielseitigen Akteur.
2003 erhielt DT Swiss den Unternehmerpreis der Region Mittelland, eine regionale Auszeichnung, die ihre Innovationskraft und ihren wirtschaftlichen Beitrag würdigte. Im selben Jahr begann die Marke mit der Produktion von Felgen, gefolgt von kompletten Laufrädern im Jahr 2004 – integrierten Systemen, die ihre eigenen Speichen, Naben und Felgen kombinierten. Diese Laufräder, zunächst aus Legierung, bald jedoch aus Carbon, zogen Riesen wie Giant, Scott und Canyon an, die DT Swiss-Produkte in ihre High-End-Bikes integrierten. 2005 wurde eine Fabrik in Taiwan eröffnet, im Herzen der asiatischen Fahrradindustrie, um Kosten zu senken und gleichzeitig hohe Standards aufrechtzuerhalten.
2007 wurde eine neue Fabrik in Oborniki, Polen, eröffnet, die sich auf die Montage von Laufrädern und die europäische Logistik spezialisierte. Dieser Standort, wegen seiner qualifizierten Arbeitskräfte und der Nähe zu wichtigen Märkten ausgewählt, produziert jährlich Tausende von Laufradpaaren. 2010 feierte DT Swiss 15 Jahre Bestehen mit einer starken Präsenz im Profipeloton: Ihre Carbonlaufräder rüsteten Triathleten und Olympioniken aus, während ihre Federungen mit Legende Nino Schurter die Podeste des Mountainbike-Weltcups dominierten. Diese Dekade etablierte DT Swiss als unverzichtbare Marke, die handwerkliches Erbe mit globalem Ehrgeiz vereinte.
2011-2021: Modernisierung und widerstandsfähigkeit
2011 weihte DT Swiss ein neues Hauptquartier in Biel ein, ein hochmodernes Gebäude, das die historische Fabrik ersetzte. Ausgestattet mit F&E-Laboren und einer optimierten Produktionslinie symbolisierte es eine zukunftsorientierte Marke. Die 2010er Jahre waren geprägt von Anpassungen an die Entwicklungen im Radsport: Scheibenbremsen, die nach 2015 massiv übernommen wurden, zwangen DT Swiss, ihre Naben und Felgen neu zu gestalten. Der Gravel-Boom inspirierte vielseitige Laufräder wie die GRC-Serie, die auf den steinigen Pfaden Graubündens getestet wurden.
2016 zog sich Marco Zingg aus persönlichen Gründen zurück und überließ Böckmann und D’Alberto die Führung. Dieser Übergang fiel mit der Eurokrise zusammen, die Schweizer Exporte belastete. Dennoch hielt DT Swiss dank umsichtiger Führung und einem soliden Ruf stand. 2018 erreichten ihre Speichen einen symbolischen Meilenstein: Über 100 Millionen verkaufte Einheiten seit 1994, eine Zahl, die ihre Dominanz in diesem Bereich widerspiegelt. 2021 feierte die Marke ihr 25-jähriges Bestehen, indem sie Champions wie Nino Schurter ausrüstete, dessen olympische Medaillen die Zuverlässigkeit der DT Swiss-Produkte unterstrichen.
2022 bis heute: Erbe und globale vision
2022 überschritt DT Swiss eine neue Schwelle mit der Übernahme von Trickstuff, einem deutschen Hersteller hochwertiger Bremsen. Diese nach komplexen Verhandlungen abgeschlossene Operation bereicherte ihren Katalog mit präzisen Bremssystemen und erfüllte die wachsende Nachfrage nach voll ausgestatteten Bikes. Bis 2024 wurde die Produktion von Federungen schrittweise nach Oborniki, Polen, verlagert, um Kosten zu optimieren, während Biel das Zentrum für Speichen und Naben blieb.
Heute, im Jahr 2025, feiert DT Swiss 30 Jahre offizielles Bestehen und fast 400 Jahre indirektes Erbe. Mit 600 Mitarbeitern weltweit, davon 180 in Biel, dominiert die Marke weiterhin den Speichenmarkt (70 % ihres ursprünglichen Geschäfts), während sie bei Carbonlaufrädern und Federungen glänzt. Ihre Produkte rüsten ein Profiteam (Uno-X) aus und sind auf der Tour de France, bei olympischen Mountainbike-Champions und bei Hobbyfahrern in über 50 Ländern zu sehen. Das Ratchet-System hat sich auf 54 Eingriffspunkte, kürzlich sogar auf 90 (DEG), weiterentwickelt und bleibt eine Ikone, die oft von anderen Herstellern lizenziert wird. DT Swiss verkörpert einen seltenen Erfolg: ein Unternehmen, das altes Handwerk in eine globale Kraft verwandelte, während es seinen Schweizer Wurzeln von Präzision und Exzellenz treu blieb.
Weitere Informationen finden Sie auf der offiziellen DT Swiss-Website.